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Indem ihr miteinander sprecht, stärkt ihr das unsichtbare Band zwischen euch. Wenn es ein gutes Gespräch ist, versteht sich. Im guten Gespräch, ist dein Gegenüber dein Spiegel. Du erkennst dich selbst in seinen Reaktionen. Du liebst dich selbst in seinem oder ihrem Lächeln. Dein Gegenüber schenkt dir Aufmerksamkeit, wenn du es nicht mehr kannst. Er oder sie sieht dich, wenn du drohst verloren zu gehen und dich nicht mehr selbst siehst. Wenn du dich schwach und unscheinbar, klein und dumm fühlst, dann führt ein gutes Gespräch dich wieder zu dir und deinem Vertrauen in dich zurück. Und dabei muss es gar nicht darum gehen, dass der oder die andere dir das explizit sagt. Es liegt in den Grundlagen des Gesprächs. Des Zuhörens, des Antwortens, im Blickkontakts, der Neugier und der Offenheit. Wenn eure Gespräche so nicht (mehr) sind, dann seid ihr vielleicht in einen unguten Gesprächsmuster gefangen.
In diesm Blogartikel liest du,
Was sind Gesprächsmuster?
Sicher kennst du so Situationen, die vorhersagbar sind. Mit alten Freunden gibt es das oft. Es sind im weiteren Sinne Rituale. Der Begrüßung zum Beispiel, aber auch solche Gespräche, in denen der eine dem anderen den Ball zuspielt. Ich kenne das zum Beispiel von einem Freund, mit dem ich in ein Semester im Ausland verbracht habe. In Moskau genau gesagt. Und manchmal kommt das Gespräch mit anderen Leuten auf Kulturschätze in Russland. Und dann sagt einer von uns: "Ja, der goldene Ring." Meist weiß niemand was das ist. Aber der andere von uns kann dann loslgegen und einen kurzen auf Russisch auswendig gelernten Kurzvortrag aufsagen", den der andere dann wieder übersetzt - und wieder der erste dann erklärt wie mutig es damals war, solche Sachen offiziell zu sagen. - Es hat eine Weile gedauert, bis mir aufgefallen ist, dass wir das tatsächlich wie ein Muster immer wiederholen, sobald sich die Gelegenheit bietet. So etwas sind eben Gesprächsmuster. Auch mit Kindern und oder generell in Familien gibt es viele davon. Sie geben auch Sicherheit. Und machen Spaß.
Aber wann ist eine Gesprächsmuster "ungut"?
Nun ein Trigger kam ja eben schon vor. Das Wort: Kunstschätze oder Kulturschätze in Russland, triggern das Muster über den goldenen Ring. In einem unguten Muster triggert ein Satz, ein Wort oder manchmal auch eine Geste oder Haltung ein unerwünschtes Gefühl. Es macht dich wütend. Also wir hatten neulich in der Beratung so ein Beispiel: Gregor kommt am Abend von der Arbeit nach Hause. Tina hat auf ihn gewartet. Der Tag war lang, die Kinder (3 und 5) anstrengend. Er kommt nach Hause und sie hofft, er nimmt ihr als erstes die Kinder ab, damit sie ein bisschen Pause hat. Macht er aber nicht. Sie sagt: "Ich dachte du nimmst mir die Kinder ein bisschen ab." - Gregor fühlt sich angegriffen und kritisiert. Und reagiert mit Abwehr: Mit aggressivem Ton sagt er: jetzt lass mich doch erst mal ankommen. Ich hab den ganzen Tag gearbeitet. Tina fühlt sich zurückgestoßen. Ungeliebt. Nicht geshen. Sie bräuchte dringend Unterstützung. Sie sagt: "Das ist nicht fair, ich hatte überhaupt keine Pause den ganzen Tag. Du denkst immer nur an dich." Er fühlt sich kritisiert und in die Ecke gedrängt. Das macht ihn aggressiv. Aber weil er das nicht zeigen möchte, setzt er seine Kopfhörer auf, setzt sich mit Laptop auf die Terrasse. Für Tina ist das Zurückstoßen jetzt noch deutlicher. Sie hat das Gefühl, vor einer Mauer zu stehen. Gänzlich alleine mit den müden und hungrigen Kindern, ihrer eigenen Erschöpfung. Am liebsten würde sie nur heulen. Oder Schreien, damit er sie sehen muss! - Nun wir müssen nicht weiter ins Detail gehen. Aber ihr könnt euch sicher vorstellen, dass sich ähnliche Gespräche oft wiederholen.
Die Folgen
sind meist verheerend. Die Stimmung ist angespannt. "Kleinigkeiten" werden alle im Licht des Musters gelesen. Also wenn Gregor entgegen der Abmachung während des Abendessens aufs Handy schaut (egal warum) (inzwischen herrscht schon eisiges Schweigen) - dann wird das von Tina als "Siehst du, er lässt mich auch bei dem Versuch ein gutes Vorbild zu sein im Stich. Er kann jetzt machen was er will. Sie wird nur die Aspekte sehen, an denen er nicht "wirklich" unterstützend ist, nur "das Nötigste" macht oder "nicht wirklich" bei der Sache ist.
Sind die Kinder dann im Bett, gibt es manchmal Versuche über den Abend zu sprechen. Aber das Muster ist schon sehr fest etabliert. Tina sagt: "Lass uns doch mal drüber sprechen, was da immer so schief läuft abends". Gregor fühlt sich erneut in die Enge gedrängt. Vermutet, sie wird ihm sagen, was er alles falsch macht. Er hat keine große Lust, sich dem auszusetzen. Und sagt: "Ich hab zu tun", zum Beispiel. Wenn es später wird, denkt er vielleicht, dass sie ganz bezaubernd aussieht, wenn sie da so ihre Decke eingerollt noch was liest und ihr fast die Augen zufallen. Er hätte Lust auf Sex und wäre bereit alles zu verzeihen, was bisher blöd gelaufen ist. Für sie ist es undenkbar in "so einer Stimmung", Sex zu haben. Also geht er alleine ins Bett. Insgesamt wird das Muster zu einem Selbstläufer. Die Trigger sind für Außenstehende oft kaum noch wahrnehmbar. Das Muster hat sich selbst verstärkt wirkt wie eine Lunte, die jederzeit hochgehen kann.
Wie kann man die Muster verändern?
Aber letztlich sind es Muster und wenn man sie erkennt, ist der erste Schritt zur Veränderung schon geschafft. Der zweite Schritt besteht in dem beiderseitigen Entschluss sie zu verändern. Diese beiden Schritte gehören irgendwie zusammen. Weil - ich weiß nicht ob es dir auch so geht wie mir - aber ich finde, beim Lesen von diesem Beispiel kannst du den Fehler schon gut erkennen. Sobald es nicht das eigene Muster ist, fällt das den meisten nicht schwer: Die Botschaft, die von Tina gesendet wird, kommt bei Tim nicht an. Es kommt eine andere Botschaft an. Und diese ist es, die ihn wiederum triggert. Also Tina möchte sagen: ich brauche deine Unterstützung. Was bei ihm ankommt ist Kritik: Ich mache etwas falsch. Oder auch: ich darf mich nicht ausruhen. Das macht ihn wütend. Und was er sagt: ich brauche Ruhe - verdreht sich wieder auf dem Weg zu ihr. Und bei Tina kommt an: Er lässt mich alleine. Oder noch schlimmer: er will mich alleine lassen. Das macht sie wütend: Es sind doch auch seine Kinder, sie hat ihren Beruf aufgegeben/pausiert/auf halbe Flamme gesetzt etc. für dieses gemeinsame Leben und nun ... Und die Wut darüber kommt bei ihm wieder als Kritik an. Du siehst das Verdrehen der Botschaft, oder?
Aber warum verdreht sie sich? Warum glauben sich die beiden nicht, dass sie genau das meinen, was sie sagen? Aber was wäre das?
So sieht das positive Muster aus. Und was ist passiert? Unter dem Ärger und der Wut, die Tina empfindet, liegt ein zartes Gefühl: das Gefühl, Gregor vermisst zu haben. Die Freude, dass er immer wieder kommt. Und letztlich die Angst davor, verletzt zu werden, indem er sie tatsächlich nicht unterstützen möchte. Aber diese, ich nenne sie einfach mal "zarten" Gefühle, die unter den "starken" Gefühlen Wut und Aggression verborgen liegen, die gilt es zu entdecken, zu sehen und zuzulassen. Denn die sprechen beim anderen auch diese zarten und weichen Gefühle an: Unter Gregors Abschottung liegt die Angst kein guter Partner und Vater zu sein. Da liegen vielleicht Schuldgefühle, seine Frau unglücklich zu machen. Wenn er dann im Gegenzug diese sehen und zulassen kann, dann kommt es zu einem ganz anderen Muster: einem in dem jeder für den anderen gut sorgen kann, damit er und sie dann wieder für einen selbst sorgen kann. So tut man sich gegenseitig Gutes. Und dann braucht man gar nicht mehr so viel zu reden. Aber darüber ein andermal mehr.
Lade dir das Arbeitsblatt "Dein Eisberg der Gefühle" runter und schau mal nach, welche Gefühle deine Kernemotionen sind und welche an der Oberfläche liegen und deinen Partner oder deine Partnerin triggern.
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