Ich bin eigentlich kein Freund von diesen: Fünf-Dinge-.... oder Zehn-Sätze-... Listen. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Ich habe mich selbst dabei ertappt, dass ich danach gesucht habe. Manchmal sind sie enorm hilfreich, vor allem, wenn mich ein Wutanfall so triggert, dass ich keine Zeit habe, lange nachzudenken, weil ich eben nicht gelassen bleiben kann. Und diese fünf Dinge haben das Zeug dazu, ein echter Hit zu werden: Ich habe sie auswendig gelernt und kann sie aufsagen, wenn gerade Ruhe ist - und dann einfach stur anwenden ohne nachzudenken: Sie helfen mir, gar nicht erst in diese Schleife zu kommen, in der ich mich für das Schreien oder den Wutanfall verantwortlich fühle und deshalb zurück schreie, weil ich es einfach ungerecht finde, angeschrieen zu werden - und weil ich einfach nur möchte, dass das aufhört ...
Falls es übrigens bei euch sehr häufig passiert, könnte es sein, dass dein Kind zu den gefühlsstarken Kindern gehört. Nora Imlau hat dazu ein ganz wunderbares Buch geschrieben, das ich in einem Blogbeitrag am 8. Juni vorgestellt habe.
Aber halt: bevor ihr loslegt, gilt es vorzuarbeiten, und eine Haltung zu erzeugen, in der du Herr deiner selbst bleiben kann. Dazu musst du dir vorher in ruhigen Minuten immer wieder folgende drei Grundprinzipien klar machen:
1.Du bist nicht Schuld daran, dass dein Kind so ausrastet.
Es ist kein Erziehungsfehler. Du hast keinen Fehler gemacht. Dein Kind ist noch klein. Es kann Dinge nicht richtig bewerten. Es ist sehr empfindlich, vielleicht auch gerade noch müde und überfordert. Auch wenn es dich anbrüllt und dich verbal attackiert. Es richtet sich nicht gegen dich, es richtet sich gegen die Situation, mit der es nicht fertig wird. Du bist daran nicht schuld.
2. Egal was die anderen sagen: du bist nicht Schuld daran, dass dein Kind ausrastet
Egal wie viel Schuld dir die Blicke und Bemerkungen anderer in die Schuhe schieben wollen: sie wissen es nicht besser. Du bist nicht Schuld. Du kannst nichts dafür. Dein Kind ist, wie es ist. und das ist gut so. Wenn es schreit, braucht es Hilfe um runter zu kommen. Aber keine Diskussion - und schon gar keine darum, wer an dem Desaster Schuld ist: Ignoriere Bemerkungen von anderen.
3. Sei die Veränderung, die du dir von deinem Kind wünschst!
Um in einer solchen Situation runter zu kommen, hilft nur das konsequente Vormachen. Das heißt: wenn du ruhig atmest, dann wird der Atem deines Kindes sich langsam beruhigen. Das ist die Funktion von Spiegelneuronen in seinem Gehirn. Sie simulieren, das was sie sehen: Sie simulieren so lange ruhiges Atmen, wenn sie es sehen, bis sie selbst diesen ruhigen Atem erzeugt haben.
Sei so, wie du möchtest, dass dein Kind jetzt sein soll! Spiel es ihm vor. Solange bis du es selbst bist. -
Und dann geht es los. Beim nächsten Mal, wenn dein Kind ausrastet:
Nr. 1: Setz dich daneben und beschreibe!
Setz dich neben dein Kind (oder in die Nähe) und erzähle, was du denkst, was ihn ihm vorgeht. Zum Beispiel: „Du bist wütend, weil du dich darauf gefreut hast, heute ein Eis zu essen – und dann hast du keins bekommen. Du musst dauernd daran denken, wie schön es war, als du dich darauf gefreut hast. Und nun bist du einfach ganz furchtbar enttäuscht – und wütend, weil du denkst, deine Mama könnte dir einfach eins kaufen und sie macht das nicht. (Für dein Kind ist es ein tolles Gefühl, wenn es merkt, dass es verstanden wird, obwohl es einfach nur schreit. Es erfährt, dass man diese Wut auch in Worte fassen kann und damit auf Verständnis stoßen kann. – Auch wenn es ihm schwer fällt mit dem wüten aufzuhören, wird es etwas in ihm verändern und eure Verbindung stärken. Es macht es auch für dich leichter, nicht ebenfalls auszurasten, weil du nicht die Verantwortung dafür übernimmst, dass dein Kind mit dem Toben aufhört, sondern dich ganz auf seine Seite begibst. Dabei kannst auch du deinem inneren Kind begegnen).
Nr. 2: "Auch große Kinder und Erwachsene rasten manchmal aus."
Erzähle deinem Kind davon, dass und wie auch andere, sogar große Kinder oder Erwachsene manchmal wütend werden und rumbrüllen. Dass sie sich hinterher oft schämen, weil ihnen passiert, dass sie Dinge sagen oder tun, die ihnen nachher leid tun. Erkläre ihm, dass es tatsächlich eine große Kunst ist, sich zu beherrschen und nicht rumzubrüllen, wenn man sehr wütend ist.
Nr. 3: "Wütend werden ist ok. Schlagen geht nicht."
Sage ihm, dass es trotz der großen Wut nicht ok ist, wenn man jemanden schlägt, ihm weh tut oder verletzt. Auch auf sich selbst sollte man gut achten, wenn man wütend ist. Das Gefühl der Wut ist ok. Schlagen nicht. Und das geht auch, wenn man wütend ist.
Nr. 4: "Wir reden später darüber."
Schlage ihm vor nachher in einer gemütlichen Ecke zu kuscheln und gemeinsam zu überlegen, was man machen kann, damit so etwas nicht mehr vorkommt.
Nr. 5: "Ich gehe jetzt raus. Ich höre dich. Ich komme gleich wieder."
Wenn der Wutanfall deines Kindes dich sehr provoziert und du merkst, dass du selbst die Kontrolle verlieren könntest und selbst zu brüllen und dein Kind anschreien könntest, dann sag deinem Kind, dass du jetzt rausgehen wirst. Du wirst es weiter hören können, aber du möchtest einfach rausgehen. Dann geh in ein anderes Zimmer, geh mit schnellen Schritten auf und ab und zähle mehrmals bis zehn. Oder trink ein großes Glas Wasser, sieh dir ein schönes Bild oder Foto an, lass das Schreien durch dich hindurch ziehen, ohne dich davon ansprechen zu lassen. Wenn du merkst, dass du gelassener wirst, kannst du zurück gehen zu deinem Kind und mit Nummer 1 weiter machen.